Teil 01 | Teil 03

Hallo liebe Leser, vor einiger Zeit hatte ich die Idee, eine kleine Geschichte um Teddy Heinz zu schreiben, die ich in diesem Beitrag begann. Heute nun erfährt sie eine Fortsetzung. Ich weiß noch nicht genau, wohin die Reise den kleinen Bären führen wird, aber Ideen habe ich so einige. Wer möchte, kann gerne seine Meinung kundtun - ich bin für jedes Feedback dankbar. ;o)

Ich wünsche euch viel Spass beim Lesen.

Doch was genau ist denn mit dem Herren Bär los, wenn er glaubt, dass die Menschen ihn wegen seines Aussehens nicht mögen könnten? Schauen wir ihn uns doch mal genauer an.

Er hat ein hübsches Fellkleid, dunkelbraun mit beigefarbenen Pfötchen, trägt außerdem eine helle Jacke mit schwarzen Knöpfen dran und auf seinem Kopf sitzt ein Hut aus Stoff mit großer Krempe, der ihn vor zu starker Sonne schützt - ein bisschen schief sitzt er zwar, aber das ist modern, sagte seine frühere Mutter. Ein schief sitzender Hut? Soll der es sein, an dem sich jemand stören könnte? Lüften wir einfach mal das Hütchen, um ihm ins Gesicht zu schauen.

Der Blick unter die Kopfbedeckung offenbart, dass hier etwas fehlt. Eines seiner schönen, glänzenden Augen nämlich, das nur dürftig durch einen Knopf in grau ersetzt wurde. Der ist nicht nur zu groß für den Teddy, sondern sitzt auch nicht mehr so richtig fest. Die Fäden, mit denen er angenäht wurde, sind über die Jahre ein wenig müde geworden und es scheint, als schaute er ständig woanders hin. Irgendwie passt das nicht zusammen, aber Heinz findet nicht, dass es ihn entstellt.

"Ich kann sehen, das reicht doch!"

Sprachen wir eben von seinem hübschen Fell, nehmen wir auch dieses etwas genauer in Augenschein. Helfen wir unserem Bärchen also mal aus dem Jäckchen, das er nur ungern abstreift, sehen wir, dass an seinem rechten Arm, etwa am Gelenk, ein wenig davon fehlt. Drehen wir ihn um, erschrecken wir; denn auch auf seinen Rücken sind viele kahle Stellen zu sehen. Ohje, kleiner Heinz, was ist denn da passiert? So niedlich anzusehen bist du.. man mag ihn drücken, um ihn all das vergessen zu lassen, was er wohl durchgemacht haben muss. So flauschig ist er, dass man ihn nicht mehr loslassen mag. Sag uns, kleiner Teddy, was ist passiert mit dir?

Er schüttelt nur den Kopf, nimmt seine Jacke, zieht sie an und gibt uns zu verstehen, dass er jetzt noch nicht darüber sprechen mag. Es war jetzt keine Zeit, sie mit traurigen Dingen zu vergeuden, Heinz war nämlich schon in Gedanken bei seinen Freunden. Auf die freute er sich ein jedes Mal; denn was niemand sonst außer den Püppchen im Laden wusste, war, dass der Kleine sich nicht einfach nur die Welt von seinem angestammten Fensterplatz besah, sondern des öfteren gern einmal aus dem Laden ausbrach, um sich die Beine zu vertreten.

Dann nämlich, wenn das Licht im Laden gelöscht, Mr. Basken den Heimweg angetreten hatte und es still wurde, krabbelte er zwischen den Beinen der Marionetten hindurch zum Fenstersims und ließ sich -unter lautstarkem Protest jener- an ihren Stricken hinunter auf den Boden gleiten. Von dort aus führte sein Weg zum hinteren Teil des Ladens, wo er sich durch das Loch unten in der Holztüre zwängte, um den Hinterhof zu erreichen. Von diesem aus begann er seinen Spaziergang durch die Gassen - und die lange Nacht konnte beginnen.

Auch heute würde er sich auf die Reise begeben, trotzdem es seit dem Morgen schon ununterbrochen regnete. Das störte unseren Teddy aber nicht, er würde heute eben sein selbst gemachtes Cape mitnehmen, das er sich aus einem ollen Ledertuch und etwas Zwirn aus dem 'Restekarton' seines Inhabers geknüpft hatte. Schließlich konnte er schon oft dabei zusehen, wenn Mr. Basken anderen Puppen die Arme annähte oder löchrige Kleidung reparierte und wusste damit auch, wie man mit Nadel und Faden hantierte. So gekonnt wie Mr. Basken war er zwar nicht, doch reichte es aus, den Faden mit einer Nadel mit ins Leder zu treiben und so eine Möglichkeit zu schaffen, das Tuch um seinen Hals zu binden. Und er wusste, wie man einen Knoten macht. Es war nicht das schönste Regencape, doch erfüllte es seinen Zweck und hielt ihn trocken - und; es war sein Cape!

Jetzt ging es los. Heinz richtete also seine Kleidung, machte alle Knöpfe der Jacke zu und begab sich in den hinteren Teil des Ladens. Sein Cape breitete er unter der Tür aus und kroch langsam unter dem Holz hindurch. Er achtete darauf, nicht mit seinem Fell daran hängen zu bleiben, bemerkte dabei aber mit Schrecken, dass sein Bauch schon wieder etwas dicker geworden war. Er würde in Zukunft deutlich weniger essen müssen und häufiger einmal 'Nein' sagen, um nicht eines Tages dort stecken zu bleiben. Wie sähe das wohl aus.. ein dicker Bär in der Tür!

Auf der anderen Seite angekommen, klopfte er sich ab, setzte seine Mütze auf und zog das Cape um seine Schultern, verknotete es und spazierte duch den sanften Regen über den Hinterhof, vorbei an den Müllcontainern, Fässern und alten Holzkisten, die sich dort stapelten.

Filou, der schwerfällige und freche Kater einer Nachbarin, der sich sonst gern auf diesen Kisten breit machte und herumlungerte, blieb heute aus offensichtlichen Gründen lieber daheim oder hatte sich wohl woanders verkrochen, wo ihm das verhasste Nass nichts anhaben konnte. Heinz war nicht besonders traurig darüber, diesen vorlauten und manchmal auch übertrieben verspielten Kater anzutreffen, da der sich häufiger über ihn lustig machte, nach ihm schnappte und doofe Namen wie 'Humpelbein' oder 'Fellflicken' zurief.

Das alles würde ihn nun nicht mehr kümmern und er begab sich, wohl geschützt, auf den Weg zur angrenzenden Gasse, die das erste Ziel seiner Reise darstellte. Er freute sich darauf, denn das schummrige, gelbe Licht, das von den alten Laternen ausging, liebte er sehr. Ganz besonders schön war es an Regentagen wie heute, wenn kleine und große Wassertropfen am Glas der Lampen herunter liefen und immer größer wurden, bis sie mit einem lauten 'platsch' auf dem Boden landeten, und sich gemeinsam zu einer Pfütze versammelten - das faszinierte den kleinen Kerl. Und wenn er sich dann sein Spiegelbild in der Pfütze ansah, dann fand er das lustig - doch irgendetwas fehlte ihm, wenn er sich so ansah.