Nachdem mein Rotschopf Filou im April unsere Welt verlassen hat, wollte ich mich im August wieder um ein Lebewesen kümmern. Dabei entschied ich mich bewusst dafür, ein älteres Tier aufzunehmen und ihm einen schönen Lebensabend zu ermöglichen. Die kleine, schwarz-weiß gesprenkelte Dame Milly, geboren im Jahre 2oo8, lebte schon ein Weilchen im Tierheim und wurde mir als Kanditatin für die Adoption vorgestellt.
Sie hockte geknirscht in der Ecke am Fuße eines Kratzbaums und schlief. Nach den Informationen der Tierheimmitarbeiterin mochte sie weder die Umgebung noch die anderen Katzen. Und ausgerechnet jene Tiere, die sie mal nett fand, wollten nichts von ihr wissen. Raus ins Freigehege zu gehen war auch nichts für sie; als Fundkatze schien sie außerdem Einiges hinter sich zu haben. Schiefer Gang, kaum ausgeprägte Muskeln, verformte Pfötchen. Vielleicht wurde sie lang in einem zu kleinen Käfig gehalten, aber das weiß nur sie allein.
Das reservierte Fräulein knurrte bei einem Berührungs- und Streichelversuch und wurde auch als griesgrämig bezeichnet - bürsten oder ähnliches körpernahe Verhalten wurde vom Mitarbeiter als ebenso nicht besonders gern gemocht angesprochen. Das konnte ich mir gut vorstellen. In dem Moment hatte ich mich aber schon in die Kleine verguckt - wusste das nur noch nicht. Zumindest tat mir das Kätzchen leid, konnte ihr Verhalten verstehen. Zwei Tage später rief ich zurück und gab bekannt, das Tier nehmen zu wollen. Wer würde sich wohl um so eine alte Katze bemühen, wenn ringsum junge und mobile Tiere herumtollen.
Eine Woche später, am Vormittag des 14.o8.2o21, entließ ich die rüstige Dame nach langer und anstrengender Autofahrt mit viel Miau schließlich auf den Balkon - und damit fand eine überraschende Wandlung statt.
Nachdem Milly sich vom Balkon aus auf eine kleine, äußerst wackelige Runde durch die Wohnung begab, verschwand sie zunächst für fünf Stunden hinter der Couch. Gelockt mit etwas Malzpaste und beruhigendem Zureden traute sie sich dann am frühen Abend hervor, begab sich dann zielstrebig auf den Balkon und verweilte dort; genoss die Sonne und die frische Luft - und mit Sicherheit ihre Freiheit.
Am Abend gab es etwas Nassfutter serviert, dass sie gerne futterte und verblieb draußen, bis es dunkel wurde. Am Abend dann kam sie mit ins Bett - sie postierte sich davor, mauzte und guckte mich von unten so liebreizend an - also hob ich sie mit hoch. Da sie selbst noch nicht gut klettern konnte, kam sie auf diesem Weg auch wieder runter. Mittlerweile krabbelt sie über zwei Kartons aufs Bett und ich überlege, später noch eine Katzentreppe für sie anzuschaffen.
Sie bewegt sich mittlerweile schon besser, wenngleich noch nicht so, wie man das von Katzen kennt (und das wird wohl auch nie so werden). Setzen bereitet ihr Probleme, sie kommt mit dem Popo nicht ganz nach unten. Selbst das Kratzen geht öfter noch ins Leere, Öhrchen oder Rücken erwischt sie aber doch schon mal. Ein aufrechter Gang ist ihr ebenso nicht möglich, das Köpfchen hängt etwas schief. Daran sind sicher die Muskeln oder lange Fehlhaltung schuld - bei der Untersuchung vor Abgabe schien sie die Dehnungen und Prüfungen des Tierarztes aber sehr zu genießen, wie mir mitgeteilt wurde.
Sie traut sich nun auch öfter, ein bisschen durch die Wohnung zu 'rennen', ohne zu eiern oder das Gleichgewicht zu verlieren.
Beim Bürsten kann sie richtig entspannen und liebt es, wenn man ein bisschen mehr aufdrückt - da geht die Süße richtig auf und drückt sich der Bürste stramm entgegen. Sie war anfangs auch sehr ruhig; nun gibt sie immer Laut, wenn sie was zu sagen hat, Fressen fehlt oder einfach nur jemanden bei sich haben will.
Millys sommersüße Schnute die warmen Platten sind toll Milly schläft zum ersten Mal in der Wohnung
Sie schnurrt drauf los, sobald man beginnt sie zu streicheln und hört so schnell nicht wieder auf. Dennoch wirkt sie oft ängstlich und ist noch unsicher; reist aus, wenn man hektische oder ungewohnte Bewegungen in ihrer Nähe macht. Die eine oder andere Berührung quittiert sie mit Fauchen, hier müssen wir uns noch besser kennenlernen und arrangieren. Und die Zeit, die sie braucht sich hier an alles zu gewöhnen, bekommt sie auch.
Auf den Bildern und im Video kann man aber sehen, wie schnell die Katzendame sich öffnete - kein zusammenkauern, keine Berührungsängste. Sofort Schmusen und einfordern, was sie mag und natürlich: Freiheit genießen.
Ich denke, wir zwei sind auf einem guten Weg, dicke Freunde zu werden.
Sie ist 'ne dufte Mietze und das sieht man ihr an.
Einen schönen Tag und WE gewünscht,
Blarksel / Kai
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